Cover Parsifal

Album info

Album-Release:
2013

HRA-Release:
18.01.2013

Label: ACT Music

Genre: Jazz

Subgenre: Mainstream Jazz

Artist: Dieter Ilg with Rainer Böhm & Patrice Héral

Composer: Ludwig van Beethoven (1770–1827), Richard Wagner

Album including Album cover Booklet (PDF)

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FLAC 96 $ 13.20
  • 1Zum Raum wird hier die Zeit05:15
  • 2Glocken03:55
  • 3Parsifal04:18
  • 4Morgengebet04:36
  • 5Ich bin ein reiner Tor04:49
  • 6Zaubergarten06:23
  • 7Amfortas04:34
  • 8Unerhörtes04:01
  • 9Herzeleid00:44
  • 10Kundry04:23
  • 11Von Welt zu Welt05:37
  • 12Klageruf03:33
  • 13Sehnsucht03:44
  • Total Runtime55:52

Info for Parsifal

Das Monumentale wird sinnlich, das Sinnliche monumental: Richard Wagners Musikdrama als kammermusikalisches Improvisations-Meisterwerk.

Jazz und Klassik. Dieter Ilg kennt beide Welten. Obwohl er mit 16 Jahren den Entschluss fasste, Jazzbassist zu werden, studierte er klassischen Kontrabass an der Musikhochschule Freiburg. Auch der umfassenden Musikgeschichte wegen. Und es hat nicht erst des 200. Geburtstages von Richard Wagner bedurft, um den Bassisten – der seit vielen Jahren zu den führenden Jazzbassisten Europas gezählt wird – auf den gewaltigsten, monströsesten, in jedem Fall deutschesten Opernkomponisten zu stoßen. Schließlich befasst sich Ilg – damit dem Trend vorangehend, wie einige von der Klassik inspirierte Projekte in jüngster Zeit belegen – im Trio mit dem Pianisten Rainer Böhm und dem Schlagzeuger Patrice Héral seit Jahren mit Wagners Zeitgenossen und italienischem Pendant Guiseppe Verdi, dessen 200. Geburtstag ebenfalls 2013 gefeiert wird. Schon mit seiner subtilen und einzigartigen Bearbeitung der berühmten Verdi-Oper riss Ilg mit der Studioaufnahme „Otello“ als auch mit der ACT-Liveversion „Otello live at Schloss Elmau“ Kritik und Publikum zu Elogen hin: „Lange wirkte kein Trio mehr derart intensiv miteinander verstrickt wie gerade dieses“, befand der NDR, „Ilg, Böhm und Héral stehen spätestens jetzt exemplarisch für eine Kultur des barrierelosen Musizierens,' urteilte Jazzthing. Norwegens Fachmagazin Jazznytt resümierte in seiner CD-Kritik mit einem Wort: „Beautiful“. Und dementsprechend ehrte man den Kontrabassisten mit dem Echo Jazz 2011.

Es war also kein großer Schritt von Verdi zu Wagner, speziell zu dessen letzter Oper, dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“, das nun auch Ilgs neuem ACT-Album den Namen gibt. „Es sind einige Überlappungspunkte vorhanden“, erläutert Ilg: „Die Eingangsmelodie im Vorspiel bei Wagners Parsifal ähnelt dem berühmten Kontrabasssolo gegen Ende von Verdis Otello. Ebenfalls vollendete Wagner viele Teile der Parsifal-Kompositionen auf seinen Reisen ins Land Verdis bevor er in Venedig starb.“

Ilgs Beschäftigung in der Vergangenheit mit vorwiegend deutschen und europäischen Volksliedmelodien ließ ihn auf Wolfram von Eschenbach stoßen. Von ihm stammt das Epos „Parzival“ aus dem ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhundert, welches für Wagner faszinierende Inspiration war. Nicht zuletzt geht es hier um Weltreligionen, um Missverständnis und Irritation, um Verständigung und Erlösung - Themen, die bekanntlich seit Wagner nicht aus der Mode gekommen sind und auch Ilg ansprechen. Somit unterliegt der Bassist nicht dem Zwang, das Rad neu erfinden zu müssen. Den Weg jedoch, auf dem das Rad rollt, wählt er gerne selbst.

Auf „Parsifal“ gelingt Dieter Ilg eine verblüffend logische, kammermusikalische Umdeutung des opulenten Materials. „Das Monumentale wird sinnlich, das Sinnliche monumental“, beschreibt er es selbst und beweist in jedem einzelnen Stück mit beeindruckender Virtuosität und stilistischer Variabilität seine unendlich scheinende Gestaltungskraft: Der Titel des Eingangsstückes „Zum Raum wird hier die Zeit“ gibt den Tenor des Albums vor - ein intensives, spannungsgeladenes und virtuoses Spiel mit den Gegensätzen. Das bombastische „Parsifal“-Motiv wechselt zwischen Dur - und Moll - Tönung und wird aufregend, gekonnt offen interpretiert; Hymnisches wird ins Spielerische aufgelöst; der „Klageruf“ klingt weniger klagend als fordernd und mächtig, der „Zaubergarten“ verzaubert nahezu schwebend, mit leichter Melancholie; Wagners programmatisches „Ich bin ein reiner Tor“ wird mit treibendem Groove kompakt verdichtet und türmt sich dramatisch auf. Und es genügt zu hören, wie das eindrückliche Thema des „Amfortas“ eingeführt, variiert, umspielt und dynamisiert wird, um zu erkennen, dass dieses Trio die unerschöpflichen musikalischen Möglichkeiten der Klassik für den Jazz erkennt und ausreizt wie kein anderes.

Ganz unverkopft und freimütig ist Ilg an seinen „Parsifal“ herangegangen. Es gab kaum strikte Vorgaben für seine Begleiter. „Wir folgen unserer Intuition und genießen dabei das Potential des Entstehens aus dem Moment “ erklärt der Bassist, „die individuellen Fähigkeiten der Musizierenden wirken so am stärksten“. Rainer Böhm meistert die situative Herausforderung wieder einmal umwerfend und mit grandioser Tollkühnheit, desgleichen der französische Schlagzeuger Patrice Héral, der sich erneut so melodisch und feinsinnig einfügt, wie das nur wenige seines Fachs beherrschen.

„Parsifal“ ist definitiv ein weiteres Improvisations-Meisterwerk geworden, das überraschenderweise mit einem anderen berühmten deutschen Komponisten endet: mit einer fast hingehauchten Version von Beethovens „Freude schöner Götterfunken“. Wagner gilt als leidenschaftlicher Bewunderer Beethovens. Nicht zuletzt geht es in seinem Spätwerk um die Suche nach Frieden, dem inneren wie äußeren“, erzählt Ilg. „ Ich wäre glücklich, wenn sich auch beim Publikum meines Parsifals am Ende dieser Seelenfrieden einstellen würde.“

Dieter Ilg, bass
Rainer Böhm, piano
Patrice Heral, drums

Produced by Dieter Ilg
Executive Producer: Siggi Loch

Variations by Dieter Ilg after Richard Wagner’s opera Parsifal, except “Sehnsucht” by Dieter Ilg after Ludwig van Beethoven


Dieter Ilg
Der Bassist und Echo Jazz Preisträger Dieter Ilg zählt heute zu jener Handvoll europäischer Spitzenmusiker, die es verstehen, in jedes Projekt einen unverkennbaren musikalischen Beitrag einfließen zu lassen. Ob als gefragtes, stilsicheres Gruppenmitglied oder als Leiter seiner eigenen Ensembles: immer versteht es Ilg, seine Funktion als Bassist und Fundament des musikalischen Geschehens mit einer grazilen Leichtigkeit und Ausdrucksstärke zu verbinden, die sich den instrumentaltechnischen Schwierigkeiten des Kontrabasses zu entziehen scheint. Dieter Ilg vereint wie nur wenige die Kunst des Begleitens und die Kunst des Solierens.

Mit sechs Jahren, gestählt durch exzessive Blockflöterei im Kindergarten, spielte Dieter Ilg Geige, später Bratsche, mit dreizehn wechselte er zum Kontrabass. Sein erster wichtiger Lehrer war Norbert Brenner, der Solokontrabassist des SWF-Sinfonieorchesters Baden-Baden. Dieter Ilg studierte an der Musikhochschule Freiburg und der New Yorker Manhattan School of Music (1986/87). Parallel ließ er sich wissbegierig von Meistern des Fachs wie Eddie Gomez, Ron McClure, Rufus Reid, Adelhard Roidinger und Miroslav Vitous in die Geheimnisse der hohen Gestaltungskunst einweihen. Und er konnte auf die ersten profunden Bühnenerfahrungen aufbauen. Denn, noch während seiner Schulzeit, wurde er festes Mitglied des Joe Viera Sextetts (1981-84) und startete im Anschluss daran zusammen mit dem Pianisten Klaus Ignatzek ein erstes Trio. Bald schon spielte er mit Künstlern wie Bobby Watson, Roman Schwaller oder David Liebman. Letzterer trug entscheidend dazu bei, dass Ilg sich für einen New York–Aufenthalt entschied und lud ihn ein, in NYC im Januar 1987 ein John Coltrane Memorial Concert mitzugestalten.

Wenige Wochen nach seiner Rückkehr aus New York gründete Dieter Ilg sein erstes eigenes Trio mit dem Gitarristen John Schröder und Wolfgang Haffner am Schlagzeug. Gleichzeitig wurde der Youngster Mitglied des Randy Brecker Quintets (1987-89). Und mit einem Mal ging es Schlag auf Schlag. Baden-Württembergischer Jazzpreis 1988, (aus der Begründung: “Faszinierend sind die Ausdrucksstärke und Leuchtkraft seines Tones, die Originalität seiner Ensemblekonzeption und seine individuelle harmonische Denkweise”), regelmäßige Auftritte mit der WDR-Big-Band, eine Spanientournee mit Bennie Wallace (1989), im selben Jahr die Neuauflage seines Trios, diesmal mit dem New Yorker Pianisten Marc Copland als Partner. Drei Trio-CDs mit den US-Schlagzeugern Bill Stewart, Ralph Penland und Jeff Hirshfield zeugen von dieser spannenden Zusammenarbeit.

Dann kamen die musikalisch reibungsintensiven Neunziger. Seit 1991 war Ilg mit Deutschlands renommiertester Modern Jazz Combo, dem Mangelsdorff / Dauner Quintett unterwegs. Das Goethe-Institut schickte ihn an der Seite von Christof Lauer durch die Welt. Die Arbeit mit Copland war zur künstlerischen Freundschaft gereift und brachte im Trio und Quintett immer neue reizvolle Klangfacetten zum Vorschein.

Zu dieser Zeit kam es auch zur ersten Zusammenarbeit mit ACT und Siggi Loch: Dieter Ilg wirkte 1992, im Gründungsjahr des Labels, am allerersten ACT-Album, der GRAMMY nominierten Flamenco-Jazz Produktion Jazzpaña (ACT 9212-2), mit – unter der Leitung von Vince Mendoza und zusammen mit Künstlern wie Michael Brecker, Al Di Meola, Peter Erskine, Steve Khan u.v.m.. Mit dem französisch-vietnamesischen Gitarristen Nguyên Lê und dem Drummer Danny Gottlieb wurde ordentlich jazzrockig abgeräumt: Auf ACT erschien die gemeinsamen Album „Million Waves“ (ACT 9221-2) und „Three Trios“ (ACT 9245-2).

Zugleich suchte Ilg nach einem ganz eigenen Projekt, nach Musik, die ihn verwurzelte, und fand sie in der Auseinandersetzung mit “Folk Songs” (1997), “Fieldwork” (1998) und „LIVEILG“ (2001).

Der Gedanke war einfach und einleuchtend: Wo sonst, wenn nicht im eigenen Land, stößt man auf seine kulturellen Ursprünge? Ilg begann Volkslieder zu bearbeiten und fand mit dem Gitarristen Wolfgang Muthspiel und dem Schlagzeuger Steve Argüelles das passende Basis-Trio. Das Programm schlug ein, über vier Jahre hinweg gingen die Musiker damit auf Tournee, bis sie selbst fast kein “Im Märzen der Bauer” und “Winter Ade” mehr hören konnten. Die Presse war ebenfalls begeistert (u.a. 1998 Stern des Jahres, Münchner Abendzeitung) und Ilg wurde auch daheim als Koryphäe seines Instrumentes wahrgenommen. Längst brachte er als Dozent an der Musikhochschule Freiburg den Nachwuchs auf den Weg (1995-97, 2001ff) und war doch bis zu diesem Zeitpunkt ausdauernd als Newcomer, Geheimtipp gehandelt worden.

Ein klein wenig hielt ihn vielleicht auch die Küche Mitteleuropas von einem Wohnortwechsel in die USA ab. Denn im Laufe der Jahre hatte Ilg seine Liebe zu einem angemessenen kulinarischen Standard entwickelt, der sich immer mehr zu einem wichtigen persönlichen Gestaltungsmerkmal ausweitete. Er sprach sich herum als Feinschmecker und Koch, seine Gastrotipps werden von tourenden Kollegen geschätzt und ein Abendessen bei Ilg erreichte in Musikerkreisen Kultstatus. Seit 2000 schreibt und unterhält er eine regelmäßige Gastrokolumne („Jazz cooks“) im Jazzmagazin “Jazz thing”.

Dieter Ilg blieb also in seiner Heimat und baute neue Projekte auf. Zum Beispiel mit Charlie Mariano. Im Jahr 1998 hatte er bereits das Album „Savannah Samurai“ des außergewöhnlichen und charismatischen Saxofonisten produziert. Es folgten ausgedehnte Tourneen mit dessen Band. Man lernte sich noch besser kennen und schätzen. So entstand ein kammermusikalisches Duo der Extraklasse, welches bis zuletzt (Charlie Mariano starb im Juni 2009) zutiefst beeindruckte – festgehalten auf den Alben „A La Carte“ und „Eisenhans und Due“. Im Jahr 2001 gründete Dieter Ilg sein eigenes Label “fullfat”, auf der er ausschließlich eigene Projekte veröffentlicht.

Im Jahr 2006 wirkte Dieter Ilg auf einer weiteren ACT Produktion mit: Auf „Abracadabra“ (ACT 9447-2) waren 13 Bearbeitungen von Filmmusiken aus der Feder von Deutschlands berühmtestem Saxofonisten Klaus Doldinger zu hören – im Trio mit Dieter Ilg (Bass), Roberto Di Gioia (Piano) und Wolfgang Haffner (Schlagzeug). Ebenfalls 2006 erhielt er den Reinhold-Schneider-Preis der Stadt Freiburg. Zwischen 2006 und 2011 war er regelmäßig in Till Brönners Live-Band zu hören. 2008 erreichte die hohe Kunst des Reduzierens einen Höhepunkt auf der Kontrabass-Soloeinspielung „Bass“, die bei Presse und Zuhörern ein euphorisches Echo auslöste. Im gleichen Jahr erfüllte sich Dieter Ilg mit den im März 2010 veröffentlichten Bearbeitungen von Giuseppe Verdis Otello im Trio mit Rainer Böhm (Piano) und Patrice Heral (Schlagzeug) einen lang gehegtem Wunsch.

Außerdem stand Dieter Ilg 2010/2011 mit dem neuen Jazz-, Blues- und Soulprogramm von Star-Bariton Thomas Quasthoff auf der Bühne und spielte auch auf dessen Album „Tell it like it is“. Im März und April 2011 war Dieter Ilg mit Till Brönners „At the end of the day“ auf Deutschlandtournee. Weitere Tourneen und Konzerte in 2011/2012 mit seinem preisgekrönten Trio folgten, u.a. Auftritte bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, beim Klavierfestival Ruhr sowie das Eröffnungskonzert der Thüringer Jazzmeile und die Einladung zum Dresdner Jazzfestival.

Am 28. November erschien Dieter Ilgs erstes Album unter eigenem Namen auf ACT - die auf Schloss Elmau aufgezeichnete Live-Einspielung von „Otello“, mit zahlreichen neuen Bearbeitungen der Otello-Oper unter dem Titel „Otello live at Schloss Elmau“ (9522-2). Für Otello erhielt Dieter Ilg im Jahr 2011 den ECHO JAZZ als bester Bassist national.

Booklet for Parsifal

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