Shuteen Erdenebaatar & Nils Kugelmann


Biographie Shuteen Erdenebaatar & Nils Kugelmann


Shuteen Erdenebaatar
Am 3. Juli 1998 wird in Ulaanbaatar ein Mädchen geboren. Ihr Vater ist Opernregisseur an der mongolischen Staatsoper, ihre Mutter eine angesehene Fernsehproduzentin. Sie geben ihrer Tochter vorausschauend den Namen Shuteen – was so viel bedeutet wie „eine verehrte oder inspirierende Person“. Mit sechs Jahren wird sie Schülerin des Gonchigsumlaa-Konservatoriums – der bedeutendsten Musikschule des Landes. Zehn Jahre lang, täglich zehn Stunden, widmet sie sich fortan dem klassischen Klavier, Musiktheorie und Gehörbildung. Doch irgendwann braucht es eine Veränderung. Mit 16 Jahren legt sie ihren Fokus auf das Studium der Komposition, weil sie, wie sie sagt, „etwas erschaffen wollte, was es vorher noch nicht gab“.

Dann besucht sie eines Tages ein vom Goethe-Institut gegründetes Jazzprojekt anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der deutsch-mongolischen diplomatischen Beziehungen – und hört etwas völlig Neues: Piano Jazz. Brad Mehldau: 10 Years Solo Live, Ahmad Jamal: Live At The Pershing. „Ich hätte nie gedacht, dass man Klavier so spielen kann“, erinnert sie sich. „Ich hörte eine neue Sprache, die mein Musikverständnis für immer verändert hat. Ich hörte Freiheit – Raum, die Möglichkeit, Spontaneität zuzulassen.“ Und es wird klar: Jazz ist ihr Weg. Doch in ihrer Heimat gibt es keine Möglichkeit, diesen Weg zu gehen. Also schließt sie ihr Bachelorstudium in klassischer Komposition ab und geht 2018 nach Deutschland – getragen von einem Heimweh nach der Zukunft.

In München, an der Hochschule für Musik und Theater, findet sie Stück für Stück ihre wahre musikalische Stimme – verwurzelt in ihrer Liebe zur klassischen Musik, erhoben durch die Freiheit und das Zusammenspiel des Jazz, und geprägt von Farben ihrer mongolischen Heimat. Sie beginnt mit anderen Musiker:innen zu arbeiten und wird rasch zu einer gefragten Pianistin, Komponistin, Bandleaderin und Arrangeurin in der deutschen Jazzszene.

Im Alter von 25 Jahren leitete sie bereits ein Quartett, ein Duo und ein Kammerjazzorchester – und hatte einen Drei-Alben-Vertrag bei dem renommierten US-Label Motéma unterschrieben. Ihr Debütalbum Rising Sun mit ausschließlich eigenen Kompositionen erschien 2023 und wurde begeistert aufgenommen. Es führte ihr Quartett auf ausverkaufte Bühnen in Europa, China, Island und der Mongolei, darunter sensationelle Auftritte bei der Jazzahead!, dem North Sea Jazz Festival und in der Mongolischen Philharmonie. Sie wurde in führenden Magazinen porträtiert und erhielt 2024 gleich zwei Nominierungen für den Deutschen Jazzpreis: als Pianistin des Jahres und Ensemble des Jahres (letzteren Preis gewann sie). Darüber hinaus wurde sie mit dem höchsten Kulturpreis ihrer Heimat, dem Mungun Mod, ausgezeichnet – zum ersten Mal überhaupt für eine Jazzkünstlerin.

Und um dieses moderne Märchen vollkommen zu machen: In Deutschland fand Shuteen Erdenebaatar nicht nur ihre wahre künstlerische Identität, sondern auch ihre große Liebe: den herausragenden Musiker Nils Kugelmann.

Nils Kugelmann
Am 30. Juli 1996, während der Sommer sanft über einem ruhigen Vorort von München verweilte, wird ein Junge geboren. Sein Vater, ein Elektroingenieur, und seine Mutter, eine Kreative aus einer musikbegeisterten Familie, gaben ihm den skandinavischen Namen Nils. Während draußen das Leben seinen Lauf nimmt, kehrt sich das Einzelkind nach innen – zum Klang, zur Harmonie, in eine Welt ganz für sich allein. Klarinette, Klavier, Kontrabass – für Nils keine bloßen Instrumente, sondern Weggefährten fürs Leben. Aus Neugier wird Können. Mit elf Jahren schreibt er geheimnisvolle Miniaturen, mit fünfzehn Jahren Werke für Bigband. Mit sechzehn Jahren komponiert, spielt und dirigiert er für das Sinfonieorchester seiner Schule. Während andere über ihre Zukunft nachdenken, schreibt er Musicals und startet Soloprojekte. Für ihn ist Musik nie nur Theorie. Musik ist ein Versprechen. Ein Ort. Ein Zuhause.

Dann, an einem stillen Abend, geschieht etwas Unerwartetes: ein altes, kaum beachtetes Gebot im Internet … Ein verstaubter Koffer. Spontan gekauft, bezahlt mit der Kreditkarte seines Vaters. Darin: eine über 70 Jahre alte Kontra-Alt-Klarinette. Schwer, eigenartig und wunderschön. Ihr Klang: tief wie ein Abgrund und warm wie ein Lagerfeuer. Das Instrument wird mehr als nur Holz und Metall – es wird zu einer Stimme. Zu einem Symbol. Zu einer Sehnsucht. Doch das Leben stellte ihn vor Entscheidungen: Klassik oder Jazz? Klarinette oder Bass? Als er 2016 sein Studium an der Hochschule für Musik und Theater München begann, entschied er sich für Jazz-Kontrabass. Die Klarinette verstummte und geriet in Vergessenheit. Seine Liebe zum Bass und zur Komposition füllte seine Gedanken, seine Tage und seine Zukunft. 2020 blieb er für sein Masterstudium in München – und begegnete einer neuen Studentin: einer brillanten Pianistin aus einem fernen Land.

Ihr Name: Shuteen. Ihre Musik – und nicht nur das – weckte in ihm eine große Faszination. Eines Tages, nach einer gemeinsamen Probe, entdeckte sie in Nils’ Abstellraum einen verstaubten Koffer und fragte neugierig, was sich darin befinde. Mit einem Lächeln öffnete er ihn, setzte das Instrument zusammen – und erweckte dessen magische Stimme voller Zuneigung zu neuem Leben. Shuteen war verzaubert: „Der Klang war so besonders. So tief. So leuchtend. Als würde das Instrument selbst sprechen,“ erinnert sie sich. Und so kehrte der Klang der Kontra-Alt-Klarinette zurück – tief wie ein Abgrund, warm wie ein Lagerfeuer. Nicht als ferne Erinnerung, sondern als Beginn einer Reise voller Möglichkeiten.

Heute gilt Nils Kugelmann als einer der vielversprechendsten jungen Bassisten und Komponisten Deutschlands. Bei ACT, einem der renommiertesten Jazzlabels Europas, unter Vertrag, gewinnt sein Trio bedeutende Preise. Seine Alben Stormy Beauty und Life Score werden gefeiert als Ausdruck einer „mutigen neuen Stimme im europäischen Jazz“. Sein unverwechselbarer Klang am Bass hat maßgeblich zum Erfolg des Shuteen Erdenebaatar Quartets beigetragen. Doch bei Under The Same Stars tritt eine andere Stimme in den Vordergrund: die schwere, eigenartige und wunderschöne Kontra-Alt-Klarinette erklingt erneut. Und diesmal ist sie nicht allein.



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