John Finbury feat. Magos Herrera – Quatro

Review John Finbury feat. Magos Herrera – Quatro

Es kommt nicht allzu oft vor, dass ein über sechzig Jahre alter aktiver Rechtsanwalt mindestens ebenso aktiv als Jazz-Songschreiber ist, und gar als Songschreiber, der für seinen Songbeitrag zum Album Sorte! der Brasilianischen Sängerin Thalma de Freitas für den Grammy Award for Best Latin Jazz Album 2020 nominiert worden ist. Bereits als Jugendlicher hat sich John Finbury als Songschreiber versucht und sich in der High School als Schlagzeuger betätigt, bevor er dem Wunsch seines Vaters folgte, Jura zu studieren und in der väterlichen Kanzlei als Rechtsanwalt tätig zu werden. Vor fünfzehn Jahren meldete sich der Songschreiber in ihm zurück und sorgt seitdem für eine spannende Alternative zum eingefahrenen Anwaltsdasein. Und als Songschreiber ist John Finbury auch im gerade erschienen Latin Jazz Album Quatro tätig. Quatro entpuppt sich als Konzeptalbum reinen Wassers von der Cover-Gestaltung bis zu den Songs John Finburys, der in diesen schon beinahe hellseherisch die aktuelle ungute Situation mit Covid 19 und den überfälligen Rassismus-Protesten in Folge der brutalen Tötung von George Floyd durch die Polizei in Minneapolis stimmungsmäßig vorwegnimmt.

Auf dem Album Quatro, das 2019 in New York aufgenommen worden ist, ist eine illustre Schar von Musikern, allen voran die mexikanische Sängerin Magos Herrera versammelt, die alle unmittelbar bzw. mittelbar mit Latin Jazz schon seit vielen Jahren verbunden sind. Magos Herrera, die auch als Songwriter und Produzentin bekannt ist, kann auf Kooperationen mit Tim Ries, Aaron Goldberg, Pedro Aznar, Ed Simon Trio, John Patitucci, Luis Perdomo, Adam Rogers, Tim Hagans, Alex Kautz, und dem früheren Cellisten des Kronos Quartetts Jeff Zeigle zurückblicken.

Der in den USA lebende Andalusier Chano Domínguez kam über den Umweg der Flamenco-Gitarre zum Klavier und gründete 1992 ein eigenes Trio, das in seiner Musik den Rhythmus des Flamenco mit den musikalischen Formen des Jazz verband. Darüber hinaus konzertierte er unter anderen mit Enrique Morente, Estrella Morente, Pepe de Lucía und Jack DeJohnette.

Der Bassist auf Quatro ist der US-Amerikaner John Patitucci begann im Alter von zehn Jahren, E-Bass zu spielen und klassischen Bass, bevor seine Jazz-Karriere 1980 begann, die ihn mit B. B. King, Bonnie Raitt, Chick Corea, Wayne Shorter, Herbie Hancock, Michael Brecker, George Benson, Dizzy Gillespie, Bon Jovi, Queen Latifah, Sting, aber auch mit The Manhattan Transfer und Carly Simon zusammenbrachte.

Am Schlagzeug hören wir den mexikanischen Schlagzeuger Antonio Sánchez, der sich in der Jazzszene von New York etabliert hat, nachdem er mit solchen Jazz-Größen wie Pat Metheny im Trio spielte und mit Chick Corea, Michael Brecker, Joe Lovano, Charlie Haden oder Matija Dedić auf Tour gegangen war.

Magos Herrera eröffnet das Album mit „Llegará El Día“mit sanft dahinschwebendem Gesang. Danach sorgen der Pianist und der Schlagzeuger ohne die Sängerin für einen „Independence Day“. Tiefgründig und gefühlvoll geht es zu auf „All The Way To The End“, während die Sängerin auf „Comenzar“ vom Piano begleitet zum gezupften Bass in spanischer Sprache eine Ballade präsentiert, die zu Herzen geht. „La Madre de Todos los Errores“ bereitet den Weg zu „All the Way to the End“, dem Song des Albums, auf dem sich sinnlicher Gesang mit gefühlvoller Instrumentalbegleitung ideal mit verbindet. „Romp“ demonstriert auf Quatro in angemessener Weise als letzter Song des Albums in Art einer Jam-Session eindringlich den Herzschlag der Freiheit, der das Motto von Quatro sein könnte.

Quatro erfüllt seine ursprünglich sicher nicht angestrebte Mission in musikalisch äußerster überzeugender Weise, den unerwartet aktuell gewordenen Protest gegen weltweiten Rassismus in unseren ebenso unerwarteten Covid 19 Zeiten zu begleiten und zu animieren.

Magos Herrera, Gesang
John Finbury, Klavier
Chano Domínguez, Klavier
John Patitucci, Kontrabass
Antonio Sánchez, Schlagzeug

John Finbury feat. Magos Herrera – Quatro

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