RIAS Kammerchor & Uwe Gronostay
Biography RIAS Kammerchor & Uwe Gronostay
Der RIAS Kammerchor
zählt zu den weltweit führenden Profichören. 35 professionell ausgebildete Sängerinnen und Sänger bilden den auf historische Aufführungspraxis ebenso wie auf zeitgenössisches Repertoire spezialisierten Klangkörper.
Vor über 70 Jahren gegründet, setzt der RIAS Kammerchor Berlin heute Maßstäbe in nahezu allen Bereichen der Musikkultur. Er ist bekannt für seine gefeierten historisch informierten Interpretationen der Renaissance und des Barock. Seine Aufführungen von Werken der Romantik führen bei den Hörer*innen nicht selten zu einer neuen Klangvorstellung der Musik des 19. Jahrhunderts. Daneben steht der RIAS Kammerchor für anspruchsvollste Uraufführungen, bei denen die Möglichkeiten zeitgenössischer Vokalmusik ausgelotet und neu definiert werden.
Gemeinsam mit dem Verein der Förderer und Freunde des RIAS Kammerchors entwickelt das Ensemble
in der Reihe ForumKonzerte seit 2014 neue Konzertformen und Konzepte intermedialen Musizierens an außergewöhnlichen Orten Berlins. Längst sind die ForumKonzerte nicht mehr ein Geheimtipp –
sie genießen Kultstatus.
Aus der musikalischen Vorreiterschaft des Klangkörpers erwächst eine kulturelle und gesellschaftliche Verantwortung, derer sich der Chor leidenschaftlich und intensiv annimmt. Schulchorpatenschaften, Konzerteinführungen durch Schüler*innen, Förderungen im Dirigentenforum oder beim RIAS Kammerchor Studio für Gesangsstudierende sind nur einige Aspekte eines umfangreichen Bildungs- und Vermittlungsprogramms.
Auf Konzerttourneen durch Europa und zu den bedeutenden Musikzentren weltweit fungiert der Klangkörper als Kulturbotschafter Deutschlands und führt auch mit seinen Gastspielen das wertvolle Erbe der deutschen Chorkultur ins 21. Jahrhundert. Kurz gesagt: Der RIAS Kammerchor Berlin ist einer der zehn besten Chöre der Welt, wie die britische Zeitschrift Gramophone konstatierte.
Die Geschichte des Klangkörpers beginnt in jener Stunde Null, die das Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland bedeutete: Nach der Aufteilung Berlins in vier Besatzungssektoren stand der Berliner Rundfunk zunächst unter der Verfügungsgewalt sowjetischer Behörden. Als Reaktion darauf gründete sich im Februar 1946 unter US-Ägide buchstäblich aus dem Nichts ein eigener Rundfunk im amerikanischen Sektor: der RIAS.
Der Bariton und Dirigent Herbert Froitzheim wurde mit dem Aufbau eines Kammerchors betraut. Am 15. Oktober 1948 war der RIAS Kammerchor geboren. 1954 übernahm Günther Arndt die Position des Chefdirigenten. In den 18 Jahren seiner Tätigkeit vor dem Kammerchor setzte er neue Akzente insbesondere im Bereich der zeitgenössischen Musik. So führte er im März 1958 im Rahmen eines breit angelegten Aufnahmeprojektes des RIAS zur Zweiten Wiener Schule den 50. Psalm in der Vertonung von A. Schönberg in hebräischer Sprache auf, ein damals erst acht Jahre altes Werk.
Mit L.v. Beethovens Ode an die Freude eröffnete der RIAS Kammerchor Berlin mit den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan am 15. Oktober 1963 jenen Konzertsaal, in dem der Chor bis heute regelmäßig zu hören ist: die Berliner Philharmonie.
Führende Künstlerpersönlichkeiten der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart haben mit ihren Chefdirigaten den Chor geformt und geprägt. Uwe Gronostay (1972 – 1986) stellte die Weichen hin zur historischen Aufführungspraxis und entwickelte jenen gleichermaßen schlanken wie kraftvollen Kammerchor-Klang, für den der Chor heute exemplarisch steht. Marcus Creed (1987 – 2001) gelang die zunehmende Internationalisierung des RIAS Kammerchors, gerade auch durch die Verbindung von Alter und Neuer Musik. Daniel Reuss (2003 – 2006) rückte die klassische Moderne ins Zentrum und stärkte die Bindungen zu Kooperationspartnern im In- und Ausland. Hans-Christoph Rademann (2007 – 2015) erweiterte das inhaltliche und klangliche Ausdrucksspektrum und legte einen besonderen Akzent auf die mitteldeutsche Musikgeschichte des 17. – 19. Jahrhunderts.
Seit der Konzertsaison 2017–18 ist Justin Doyle Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des RIAS Kammerchors Berlin. Bereits in seinem zweigeteilten Antrittskonzert mit C. Monteverdis Missa in illo tempore und der Marienvesper setzte er ein Zeichen, das hinsichtlich seiner Pläne für die Arbeit mit seinem neuen Chor aufhorchen ließ. Das gemeinsame Japan-Debüt im Herbst 2018 wurde mit größter Begeisterung durch das Publikum begleitet.
Zahlreiche Auszeichnungen und Preise dokumentieren den künstlerischen Weg und die hohe internationale Reputation des Kammerchores: Der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der Gramophone Award, der Choc de l’année, der ECHO Klassik oder der Prix Caecilia sind nur einige der vielen Ehrungen. 2012 erhielt das Ensemble den Ehrenpreis Nachtigall der Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik.
Die erste CD-Veröffentlichung mit Chefdirigent Justin Doyle mit Chorwerken von B. Britten erfährt international größte Wertschätzung. Weitere Veröffentlichungen mit Werken von J. Haydn, H.I.F. Biber und G.F. Händel stehen bevor bzw. befinden sich in Vorbereitung.
Eine beständige und erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet den Chor mit der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Freiburger Barockorchester, dem Ensemble Resonanz und der Capella de la Torre. Zudem arbeitet der RIAS Kammerchor Berlin auch mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, René Jacobs, Yannick Nézet-Séguin, Andrea Marcon, Thomas Hengelbrock, Iván Fischer, Ottavio Dantone und Rinaldo Alessandrini zusammen.
Der RIAS Kammerchor Berlin ist ein Ensemble der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH (ROC), die 2019 ihr 25-jähriges Jubiläum feiert. Gesellschafter sind Deutschlandradio, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Berlin und der Rundfunk Berlin-Brandenburg..
Uwe Gronostay (1972-1986)
leitete den RIAS Kammerchor von 1972 bis 1986 und wurde im Oktober 2007 - kurz vor seinem Tode 2008 - zum ersten Ehrendirigenten des RIAS Kammerchores ernannt. Mehr über den Werdegang Uwe Gronostays erfahren Sie hier.
Weichen gestellt: Uwe Gronostay
Der Wandel ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Die entscheidenden Weichen stellte Uwe Gronostay, der den RIAS Kammerchor von 1972 bis 1986 leitete. Er kam mit dem Ideal eines transparenten, homogenen Klangs, mit einem ausgesprochen klaren Kammerchorideal nach Berlin. Er verwirklichte es mit der Geduld und Zielstrebigkeit eines Musikers, der weiß, dass nachhaltige Veränderungen ihre Zeit brauchen. In Perfektion und ungetrübter Intonation nahm er sich ein Vorbild an Eric Ericson und seiner Arbeit mit dem Schwedischen Rundfunkchor. Mit eigenständigen Programmen und mit der Einrichtung regelmäßiger Neujahrskonzerte legte er die Grundlage für die Reihe von Abonnementskonzerten, mit Gastspielen in Frankreich, Skandinavien und in Polen schuf er die Basis für die umfangreichen internationalen Aktivitäten des Chores. Ur- und Erstaufführungen von Boris Blacher, Mauricio Kagel, Milko Kelemen, Ernst Krenek, Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki und Aribert Reimann festigten den Ruf des Chores als kompetentes Ensemble für die Aufführung anspruchsvoller Gegenwartsmusik. Mit der Initiative für ein Treffen europäischer Profichöre verwirklichte Gronostay 1978 den Gedanken einer netzwerkartigen Verbindung, die vor allem dem künstlerischen Austausch und dadurch der gegenseitigen Qualitätsförderung dienen sollte. Mit den TENSO Days nahm der RIAS Kammerchor diese Idee unter Daniel Reuss wieder auf.